Neues BGB - Anwendbarkeit des neuen Gesellschaftsrechts / Neue Regelung der Haftung der Geschäftsleitung

Hintergrund
Am 15. März 2014 ist in Ungarn das neue Bürgerliche Gesetzbuch („Neues BGB”) in Kraft getreten. Im Zuge der Neukodifikation und Umstrukturierung des alten Bürgerlichen Gesetzbuches wurden die gesellschaftsrechtlichen Regelungen gänzlich in das Neue BGB integriert.

Übergangsbestimmungen, Fristen
Die komplexen Übergangsbestimmungen zum Neuen BGB wurden in einem gesonderten Gesetz geregelt. Sofern keine abweichende Regelung erfolgt ist, findet das Neue BGB für am oder nach dem 15. März 2014 abgeschlossene Verträge Anwendung.

Für den Bereich des Gesellschaftsrechtes räumt der Gesetzgeber relativ großzügige Fristen ein, damit die Gesellschaften sich den neuen Regelungen anpassen können.

Grundsätzlich gilt, dass alle vor dem 15. März 2014 schon im Firmenregister eingetragenen oder solche Gesellschaften, deren Eintragung vor dem 15. März 2014 beantragt wurde, noch den alten gesellschaftsrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Der Gesetzgeber hat der„Kft.“ (GmbH) und „Rt.“ (AG) eine Frist von zwei Jahren bis zum 15. März 2016, und der „Kkt.“ (OHG) und „Bt.“ (KG) eine einjährige Frist bis zum 15. Marz 2015, eingeräumt, um ihren Gesellschaftsvertrag und ihre Tätigkeit in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht den neuen Regelungen anzupassen. Ändert eine Gesellschaft innerhalb der oben genannten Übergangsphase ihren Gesellschaftsvertrag aus anderen Gründen, muss sie gleichzeitig mit der Änderung die gesellschaftsrechtlichen Regelungen des Neuen BGB ab diesem Zeitpunkt anwenden. Dies wird wohl in der Praxis häufig vorkommen, da z.B. die Verlegung des Firmensitzes eine Änderung des Gesellschaftsvertrages und somit auch die zwingende Anwendung der neuen Regelungen mit sich bringt.

Folglich muss die Erhöhung des bisherigen Mindestkapitales der Kft. von 500.000 HUF (ca. 1650 EUR) auf 3.000.000 HUF (ca. 10.000 EUR) gemäß dem Neuen BGB, ebenfalls spätestens bis zum 15. März 2016 erfolgen.

Hervorzuheben ist, dass das Neue BGB nur mehr die Gründung von geschlossenen (privaten) Aktiengesellschaften („Zrt.“) erlaubt. Diese können dann im Zuge einer Kapitalerhöhung durch Einführung der Aktien an der Börse in offene (öffentliche) Aktiengesellschaften („Nyrt.“) umgewandelt werden. Solche offene Aktiengesellschaften, die vor dem Inkrafttreten des Neuen BGB im Firmenregister eingetragen waren, oder deren Eintragung zu diesem Zeitpunkt schon im Gange war, und deren Aktien nicht an der Börse gehandelt werden, haben innerhalb der Frist bis zum 15. März 2016 ihre Aktien an der Börse einzuführen oder die Nyrt. in eine andere Gesellschaftsform umzuwandeln.

Dritthaftung der Geschäftsleitung
Gemäß der neuen Regelung haften die leitenden Repräsentanten gegenüber Dritten gesamtschuldnerisch mit der Gesellschaft für Schäden, die sie in Ausübung ihrer Geschäftsführungstätigkeit verursacht haben. Der Gesetzestext lässt den Schluss zu, dass die Geschäftsleitung für sämtliche – vertragliche und außervertragliche – Schäden haftbar gemacht werden kann, d.h. auch für Schäden, die z.B. aus der Nichterfüllung eines Vertrages durch die Gesellschaft entstanden sind.

Aufgrund der systematischen Einordnung dieser Regelung unter dem Titel „Außervertragliche Schäden“ und der Erläuterung des Kodifikationskomitees, ist davon auszugehen, dass hier nur der außervertragliche Schaden gemeint ist. Ein typisches Beispiel dafür wäre die Verursachung eines Schadens an Dritten im Rahmen einer Dienstfahrt mit dem Firmenwagen sowie das Zerbrechen einer teuren Vase im Zuge einer Verhandlung beim Geschäftspartner, oder aber auch der Diebstahl eines Einrichtungsgegenstands des Geschäftspartners.

Für Schäden, die Dritte aus einem Vertrag mit der Gesellschaft erleiden ist davon auszugehen, dass dafür weiterhin, abgesehen von Fällen einer groben Pflichtverletzung der Geschäftsleitung, ausschließlich die Gesellschaft haftet.

Kodifikationsexperten vertreten zur Neuregelung die Ansicht, dass bezüglich der Haftung der Geschäftsleitung grundsätzlich keine Änderung erfolgt ist: Gemäß dem alten Gesellschaftsrecht haftet, mit Ausnahme der Konkursverschleppungshaftung, generell nur die Gesellschaft für (sämtliche) Schäden, die die leitenden Repräsentanten in Ausübung ihrer Geschäftsführungstätigkeit verursacht haben. Die Rechtspraxis hat jedoch in Fällen von außervertraglichen Haftungstatbeständen auch schon früher die Geschäftsleitung zur direkten Verantwortung gezogen und neben der Gesellschaft haftbar gemacht. Die Haftung der Geschäftsleitung für außervertragliche Schäden soll durch die Neuregelung deutlicher gemacht werden. Zum erhöhten Schutz des geschädigten Dritten soll auch die Gesellschaft als Gesamtschuldner haften und nicht umgekehrt.

Fazit
In den kommenden eineinhalb bis zwei Jahren, bis zum Zeitpunkt des tatsächlichen Außerkrafttretens des alten Gesellschaftsrechts am 15. März 2016, ist streng zu unterscheiden, ob eine Gesellschaft im Zuge ihrer Tätigkeit das alte oder neue Gesellschaftsrecht anzuwenden hat.

Bezüglich der neuen Haftungsregelungen bleibt es Aufgabe der Rechtsprechung, die neugefassten Anforderungen an die Geschäftsleitung mit entsprechendem Inhalt auszufüllen. Erst dann wird sich zeigen, ob diese eine Änderung zur bisherigen Rechtspraxis und daher eine wesentliche Verschärfung der Dritthaftung der Geschäftsleitung darstellen.

Autorin: Gréta Baksa