: Force Majeure und Wegfall der Geschäftsgrundlage in Spanien

Wann entfällt die Pflicht zur Vertragserfüllung?

Der Begriff der höheren Gewalt wird im spanischen Zivilgesetzbuch (código civil) nicht definiert. Allerdings legt Art. 1105 des código civil fest, dass eine Vertragspartei nicht für jene Ereignisse haftet, die nicht vorhersehbar waren oder die, sofern sie vorhersehbar waren, nicht hätten vermieden werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung charakterisiert sich der Begriff der höheren Gewalt mithin durch zwei Kriterien, nämlich Unvorhersehbarkeit und Unvermeidbarkeit. Es besteht allerdings Einigkeit darüber, dass die Pflicht zur Vertragserfüllung nur dann entfällt, sofern das unvorhersehbare und unvermeidbare Ereignis zusätzlich auch von außen kommt, sprich nicht von der Partei verursacht wurde, die sich auf die höhere Gewalt beruft. Darüber hinaus bedarf es eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Ereignis der höheren Gewalt und der Nichterfüllung der Verpflichtung. Das Ereignis muss also die Nichterfüllung verursachen und diese zur Folge haben. 

Wann kommt ein Rücktritt oder eine Anpassung des Vertragsverhältnisses in Betracht?

Ein Rücktritt oder eine Anpassung des Vertragsverhältnisses ist auf Grundlage des Prinzips "rebus sic stantibus" denkbar. Die Anwendung dieses Prinzips setzt voraus, dass sich die Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde, erheblich geändert haben und die Parteien den Vertrag bei Kenntnis dieser neuen, unvorhersehbaren Umstände nicht geschlossen hätten. Entscheidend ist, dass diese Umstände nach Vertragsschluss eintreten. Ferner bedarf es eines groben Missverhältnisses zwischen den Leistungen, das zu einem Ungleichgewicht zwischen den Parteien führt, welches nicht auf anderem Wege beseitigt werden kann. Die Erfüllung des Vertrags bleibt zwar möglich, ist einer Partei aber nicht mehr zumutbar. Liegt ein derartiger Fall vor, kommt zunächst eine Anpassung der Vertragskonditionen in Betracht, um das vertragliche Gleichgewicht zwischen den Parteien wiederherzustellen. Ist dies nicht möglich, kann der Vertrag beendet werden. 

Wie können künftige Vertragsverhältnisse optimalerweise gestaltet werden?

Die Corona-Krise hat die Schwierigkeiten sowohl bei der praktischen Anwendung der genannten Rechtsprinzipien wie auch deren Ungewissheit bezüglich ihrer Rechtsfolgen offengelegt. Die Vertragsparteien sollten darauf achten, dass die Prinzipien künftig in die Verträge aufgenommen werden, wobei klar festgelegt werden sollte, welche Umstände von den Parteien jedenfalls als höhere Gewalt angesehen werden. Die Parteien sollten zudem eindeutig die Rechtsfolgen vereinbaren, die im Falle unvorhersehbarer Umstände eintreten sollen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.